Drei Wochen in Weissrussland bei Freunden
Nach einer mehr als 24-stündigen Zugreise kommen wir in Minsk, der Hauptstadt Weißrusslands an. Dort werden wir bereits erwartet und fahren mit dem Bulli weiter in das Dorf Starij Lepel neben der Stadt Lepel, wo wir für die Zeit unseres Arbeitseinsatzes in einer Sporthalle untergebracht sind.
Lepel ist eine Kleinstadt in Belarus im Witebsker Oblast am Südufer des Lepeler Sees, 155 km nördlich von Minsk und 115 km westlich von Witebsk. Sie ist zugleich Verwaltungssitz (Kreisstadt) des Rayons Lepel. Am Ufer des weitläufigen Sees unternahm der deutsche gemeinnützige Verein Heim-statt Tschernobyl e. V. sein zweites Siedlungsprojekt für Familien aus den verstrahlten Gebieten im Südosten Weißrusslands (Gomeler Oblast, Grenzgebiet zum ukrainischen Tschernobyl).
Während unseres 3-wöchigen Aufenthaltes im Land, besuchen wir die seit Mitte der 90er Jahre entstandene Siedlung Drushnaja, wo zur gleichen Zeit das Internationale Jugendworkcamp auch seinen Anfang nahm. Umsiedler aus dem radioaktiv verstrahlten Süden Weißrusslands haben hier, unterstützt durch weißrussische Studenten und Workcampteilnehmende aus Deutschland Häuser in ökologischer Bauweise errichtet.
Während unseres Besuches dort wohnen wir auf dem Dachboden einer Scheune oder einem Pavillon.
Ein paar Tage fahren wir mit Holocaust- und Kriegsüberlebenden zu den Tatorten der Geschichte durch den Südwesten des Landes, um etwas über die Geschichte unserer beiden Völker von den letzten Zeitzeugen der Geschichte zu erfahren.
Von 2003 bis zu seinem Tod 2017 waren wir im Kontakt mit Michael A. Treister, einem überlebenden Juden des Minsker Ghettos. Seit 2005 sind wir im Kontakt mit Jacob Shepetinski, einem Slonimer Juden, der aus einem Massengrab entkommen konnte. 2008 sind wir zum ersten Mal nach Glubokoje, der Heimatstadt von Arthur Lew gefahren. Er ist als Jude aus dem Ghetto von Glubokoje entkommen und überlebte die Verbrennung des Dorfes Chatyn. Seit 2008 steht das Internationale Jugendworkcamp mit Iwan Adamowitsch Tarasjewitsch im regelmäßigen Kontakt. Iwan ist ein alter Weggefährte von Jacob Shepetinski, den wir bei unserer Spurensuche im Land kennengelernt haben. Er ist Rotarmist und kämpfte zusammen mit Herrn Shepetinski am Ogiskikanal, in der Nähe von Telechanie. Herr Tarasjewitsch verlor seinen Vater durch die stalinistischen Säuberungen, seine Mutter und Geschwister durch die deutschen Besatzer 1941.
All diese Geschichten von den Überlebenden und die Besuche mit ihnen zusammen an den historischen Orten prägen die Inhalte unserer Arbeit und Begegnungen. Für uns ist es von unglaublichem Wert und unwiederbringlicher Wichtigkeit mit ihnen allen im persönlichen Kontakt gestanden zu haben und noch zu stehen.
Unser Ziel Friedens- und Versöhnungsarbeit zu leisten, hat in all diesen Begegnungen eine besondere Tiefe und Nähe gefunden, die uns nachhaltig beeindruckt, für die wir sehr dankbar sind und die wir solange wie möglich auch künftig pflegen werden.